Die Themen der Achtsamkeit, Yoga und Meditation werden immer präsenter, dabei spielt die Atmung eine wesentliche Rolle. Doch die Atemtherapie hat im physiotherapeutischen Bereich ein eher verstaubtes Image.
Wir Physiotherapeuten kennen es eigentlich fast nur aus unseren Krankenhaus-Einsätzen während der Ausbildung, bei denen die Patienten mit einem Aktiv-Gel eingerieben werden und sie in einen Atemtrainer pusten.
Dabei ist die Atemtherapie viel mehr und vor allem ist sie für jeden wichtig, egal ob krank oder gesund, Couchpotato oder Sportler, erwachsen oder Kind, Businessperson oder arbeitslos. Es geht um das Bewusstmachen unserer Atmung – denn das gerät in unserem hektischen Alltag viel zu oft in Vergessenheit und das, obwohl wir täglich rund 25.000-mal atmen.
Auf körperlicher Ebene ist das gute Belüften unserer Lunge essenziell. Über jedes einzelne Lungenbläschen – und davon haben wir Millionen – wird Sauerstoff aufgenommen, welcher ins Blut gelangt und von unserem Herzen in unseren gesamten Körper gepumpt wird. Wir benötigen ihn zum klaren Denken, für einen ruhigen Geist, für eine gute Funktion unserer Organe und natürlich um unsere Muskeln zu aktivieren, einfach um uns insgesamt leistungsfähig und gut zu fühlen.
Auch auf der Gefühlsebene spielt eine bewusste Atmung eine große Rolle. Wir kennen es, wenn wir vor einem wichtigen Termin „tief durchatmen“ oder uns vor Aufregung der „Atem stockt“. Durch bewusstes tieferes Atmen können wir ruhiger werden und gelassener an viele Dinge herangehen.
Atemtherapie kann als Physiotherapie-Verordnung vom Arzt verordnet werden.
Sie erlernen dann zusammen mit Ihrem Physiotherapeuten Atemtechniken und wie sie in den Alltag integriert werden können. Neben den Atemtechniken ist auch die aktive Mobilisation ein wichtiger Faktor für eine tiefe Atmung. Denn die Lunge ist eingebettet und geschützt vom Brustkorb und dieser wird beweglich durch die Brustwirbelsäule. Viele Menschen sitzen bei ihren Tätigkeiten viel, wobei die Brustwirbelsäule eine ungünstige gebeugte Haltung einnimmt. Die Lunge wird dabei eher eingeengt, wodurch weniger Sauerstoff aufgenommen wird. Aus diesem Grund sind Übungen wichtig, die Ihre Brustwirbelsäule mobilisieren und damit auch Ihrer Lunge eine tiefere Atmung ermöglicht.
In erster Linie wird die Atemtherapie verschrieben für Patienten mit Lungenerkrankungen jeglicher Art, wie z.B. Asthma, Lungenkrebs oder unklarer Dyspnoe (Atemnot). Neuerdings kommen Long Covid-Patienten dazu, die nach vielen Wochen noch nicht ihre normale Belastbarkeit erreicht haben.
Doch egal ob mit physiotherapeutischer Hilfe oder ohne: Schenken Sie Ihrer Atmung mehr Aufmerksamkeit!
Kerstin Kupsch